Mehr als nur Fußball: Public Viewing auf Hof Husemeyer – sogar Kurgäste pilgern hin.

An der Eggetaler Straße stehen Autos – viele Autos, Stoßstange an Stoßstange. Menschen, die den Namen Götze, Müller oder Özil auf dem Rücken tragen, laufen zum Bansen. So heißt die Scheune auf Hof Husemeyer, die sich in den vergangenen Jahren zu einer Kultstätte des Public Viewings entwickelt hat.

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Gegen Nordirland ist es voll. Etwa 250, vielleicht auch 300 Zuschauer haben einen Platz im Bansen gefunden. Alle gucken auf die Leinwand, manche sitzen, manche stehen. Um 17.57 Uhr stehen alle. Die Nationalhymne erklingt, viele singen mit. »Das hat sich irgendwann so eingebürgert«, sagt Jürgen Nenneker. Im »Hauptberuf« ist er Vorsitzender des Heimatvereins »Wir im Eggetal«, im Bansen ist er eine Art Stadionsprecher, hat das Mikro in der Hand.

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Das Spiel beginnt, die neunte Minute kommt: Müller steht frei vor dem Tor. Im Bansen setzt das Publikum zum Jubeln an. Der Aufschrei, als die Mega-Chance verpufft, ist lauter als das Gebrüll eines Löwen, dem das Futter weggeschnappt wurden. »Den muss man doch machen«, schimpfen zahlreiche Experten.

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Unterdessen ist auch draußen viel los. Börninghausens Tischtennis-Altmeister Detlef Haake verkauft Wertmarken für die Getränke- und Imbissbuden. Er ist einer von zahlreichen Helfern, die viel Herzblut in das Public Viewing am Bansen stecken: »Viel los heute«, sagt Haake, beendet das Interview und verteilt weiter Wertmarken.

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Im schwarz-rot-gold geschmückten Biergarten auf dem Hof sitzen auch noch 70 Leute, darunter Gastgeberin Lisel Husemeyer. Je mehr Gäste, desto besser ist ihre Laune. Nur ein Tor fehlt: »Die kriegen den Ball nicht über die Linie«, sagt sie. Wieder ist es Müller, der aufs Tor zuläuft, dann Gomez und – Tor. Ein Schrei hallt durchs Eggetal, Menschen fallen sich in die Arme, auch Lisel Husemeyer jubelt.

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Unter den Besuchern sind nicht nur Eggetaler, sondern auch Kurgäste aus Bad Holzhausen. »So etwas gibt es bei uns zu Hause nicht«, sagt Karin Jung (53) aus Ahaus. Sie hat ihren Aufenthalt bei Holsing-Vital unterbrochen, um per Fahrgemeinschaft zum Bansen zu kommen. Reha-Bekanntschaft Simone Roppel aus Herscheid im Sauerland ergänzt, »dass das hier ganz toll aufgezogen ist, super organisiert«. Dass die zweite Halbzeit eher langweilig ist, spielt keine Rolle. »Im Viertelfinale zeigen wir Italien, wo die Glocken hängen«, sagt Deutschland-Fan Wilhelm Lampe. Das Achtelfinale hat er unterschlagen. Nach dem Spiel ist vor dem übernächsten Spiel – am Bansen träumen die Fans weiter voraus als anderswo.

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